Dr. Gertrud Ulrike Voltmer

Dr. Gertrud Ulrike Voltmer

 

Niederlassung (alle Kassen)
Analytische und tiefenpsychologisch
fundierte Verfahren
Wüstlautenbach 7
55743 Idar-Oberstein



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Alles fließt – Panta rhei (altgriechisch: πάντα ῥεῖ)

Schon die alten griechischen Philosophen wie Heraklit (etwa 520 - 460 v. Chr.) und Platon (428 – 348 v. Chr.) knüpften ihre Überlegungen an die Erkenntnis ständiger Veränderung. Das Leben bedeutet Wandel, nichts bleibt, wie es einmal war, nichts ist statisch. „Die einzige Konstante im Universum ist die Veränderung“, schrieb Heraklit, der auch als „der weinende Philosoph“ bezeichnet wird. Veränderung kann mit Schmerzen verbunden sein, wenn die liebgewonnenen Verhältnisse und Gewohnheiten dem Wandel unterliegen, wenn Erlebtes unwiederbringlich vergangen ist. Aber es heißt auch, dass Zeit „Wunden heilt“, wenn unerträgliche Leiden ein Ende finden, wenn Veränderungen neue Entwicklungen und Chancen ermöglichen.

 

Gedanken zum Leben – Suche nach Freude und Erfüllung

Unser Leben ist nicht statisch, es verändert sich mit der eigenen Entwicklung und der unserer Umwelt. Es sind nicht nur die persönlichen Verbindungen und Aufgaben, die unser Leben prägen, auch die sozialen, klimatischen, wirtschaftlichen und politischen Umstände sind entscheidend für unser Leben. Herkunft, Glaube, Ausbildung, Gesundheit und Krankheit, Tod und Verlust, aber auch die glücklichen Umstände wie materielle Sicherheit, Liebe und Erfolg spielen eine wesentliche Rolle bei der Prägung unserer Vorstellungen, Wünsche und Reaktionen. Ob wir trotz all der vielen Einflussfaktoren und Verantwortlichkeiten uns selbst noch zu erspüren vermögen, hängt weitgehend von dem inneren Raum ab, den wir uns zugestehen und in den wir hineinhorchen können.

In vielen Kulturen sowie religiösen und philosophischen Vorstellungen wird das „Wie“ des Lebensvollzugs als entscheidend für die Freude am Dasein betrachtet. Im Vollzug des Lebens kommt es letztlich auf den Verlauf des Alltags an – mit all seinen großen und kleinen Herausforderungen. Denn hier atme und rede ich, nehme mein Essen ein, gehe mit anderen Menschen um. Die Art der Ausführung all der kleinen Dinge bestimmt unsere Lebensgewohnheiten und die Art unserer Beziehungen. Dabei spielt das „Wie“ unserer Handlungen eine wichtige Rolle: Wie berühre ich mein Kind, wie erzähle ich eine Geschichte, wie höre ich zu? Drücken mein Gesicht und meine Körpersprache wirklich Teilnahme aus, wie ist der Ton der Stimme?

Vielleicht gelingt es nur selten, im Alltag eine Atmosphäre von Zuversicht, Lebensbejahung und Vertrauen herzustellen, weil unsere Aufmerksamkeit meist von anderem wie von den täglichen Nöten, Schwierigkeiten, Anfeindungen und Schmerzen in Beschlag genommen wird. Und doch: Das „Wie“ unserer Reaktionen und Handlungen ist oft entscheidend für unsere persönliche Ausstrahlung auf die Umwelt und die Reaktionen derer, die mit uns verbunden sind. Denn wir hinterlassen einen Eindruck durch unser gesamtes Handlungsmuster und unsere Art, Dinge zu erleben und darauf zu reagieren.

Es macht wenig Sinn, uns selbst anzuklagen und uns wegen eigener Unzulänglichkeiten zu schämen. Und bezüglich der Fehler anderer entsteht durch Vorwürfe und Schuldzuweisungen in der Regel auch keine positive Veränderung. Was kann dann aber aus all den Unerträglichkeiten des Alltags heraushelfen?

Wir alle haben den Wunsch nach Liebe, Wertschätzung, Sicherheit und Gesundheit. Doch leider stellen wir häufig fest, dass wir enttäuscht werden und Schmerzen ertragen müssen, die durch nichts gerechtfertigt erscheinen. Kann es trotz der deutlich erkennbaren „Ungerechtigkeiten“ der Welt möglich sein, im Alltag Freude aufkommen zu lassen? Das Bedürfnis, etwas am eigenen Leben ändern zu müssen, mag vielleicht am Anfang eines längeren Weges stehen. Doch wie könnte solch eine Änderung herbeigeführt werden, wenn die Umstände es nicht zulassen?

Ist es möglich, bessere glückbringendere Lebensvollzüge und Handlungsmuster zu erlernen? Die Frage, ob Geschehnisse emotional anders erlebt und mental anders verarbeitet werden könnten als gewohnt, kann uns auf einen Weg des Suchens nach etwas führen, das wir vielleicht noch nicht kennen. Auf einem solchen Weg begegnen uns wahrscheinlich viele Fragen und auch Zweifel. Damit verbunden ist auch die Frage nach dem Sinn all dessen, worum wir uns bemühen.

Den eigenen Lebenssinn zu finden, beinhaltet meist einen langen Weg, wenn dieser überhaupt jemals zu einem eindeutigen und dauerhaften Ziel führen kann. Was für den einen die Arbeit in der Familie bedeutet, mag für einen anderen eine Forschungsarbeit sein oder auch, in der Landwirtschaft tätig zu sein; der eine oder andere möchte künstlerisch, pädagogisch oder sozial wirken, ein anderer findet seinen Platz in der Verwaltung, Pflege oder dem Theater. Anders ausgedrückt bedeutet dies, dass jeder und jede sich biografisch unterschiedlich gefordert fühlt. Hinzu kommen die unterschiedlichen persönlichen Ausgangsbedingungen und die frühe familiäre Prägung.

Den eigenen Weg finden zu wollen, bedeutet auch, durch Irrtümer hindurch gehen zu müssen. Zuweilen können wir bemerken, dass wir umlernen sollten, da wir mit falschen Vorstellungen auf etwas zugingen. Dissonanzen, Spannungen und Konflikte sowie die Auseinandersetzung mit verschiedenen Herangehensweisen begleiten uns. Nie werden wir ausgelernt haben, lebenslang werden wir gefordert, uns zu verändern – bis ins Alter hinein, wenn wir vielleicht die Gebrechen unseres Körpers zu kompensieren suchen. Immer wieder aufs Neue stehen wir vor Aufgaben der Lebensbewältigung - verbunden mit der für uns Menschen so typischen Sinnfrage: Wozu dies alles?

Selbst- und Sinnfindung kann über viele Wege verlaufen, über das Hinterfragen alltäglicher Lebenserfahrung, über sportliche Übung, wissenschaftliche Wahrheitssuche, Kunst und Musik, soziales und politisches Handeln, Meditation und Gebet. So viele Menschen es gibt, so viele Erkenntniswege zeigen sich. Doch dabei lässt sich ein gemeinsames Ziel erkennen: Es geht darum, das eigene Leben zu akzeptieren und schließlich lieben zu lernen. Denn die Liebe zum eigenen Leben und der darin enthaltenen Umwelt kann glücklich machen und ungeahnte Energien freisetzen. Wo das Hadern weicht, entstehen neue innere Räume.

Im Spannungsverhältnis zwischen dem Anspruch an uns selbst und dem an andere suchen wir nach einem erfüllenden Weg. Und dazwischen stehen wir vor den Unzulänglichkeiten des Lebens: Da schreit das Kind, der Partner ist krank, die Eltern fordern, Nachbarn äußern ihren Ärger, Kollegen nerven. Der Alltag fordert. Die Erwartungen anderer an uns entsprechen häufig nicht unseren eigenen Vorstellungen. In Phasen drückender Belastung, ärgerlicher Konflikte und enttäuschter Hoffnungen mögen Resignation, Stagnation, Ängste und Schuldgefühle aufkommen.

Doch wir alle haben auch die Möglichkeit, nach Hilfe zu suchen. Als soziale Wesen sind wir aufeinander angewiesen und das bedeutet auch, dass die Annahme von Hilfe eine eigene Herausforderung darstellt. Dinge anzunehmen, sich dem anderen anzuvertrauen, sich in Anwesenheit eines anderen zu öffnen - auch dies gehört zur Kunst des Lebens dazu.

Unser Leben ist nicht nur als ein individueller Weg zu sehen, wir alle sind auch Ausdruck einer Zeit, einer Kulturgruppe und einer Staatsform. Und zu unserer Kultur- und Zeitepoche haben wir uns immer in irgendeiner Weise zu verhalten. Ideologien binden uns, weil auch die in unserer Umgebung lebenden Menschen daran gebunden sind. Weil wir zu diesen in gefühlsmäßigen Beziehungen und Abhängigkeiten stehen, werden Rücksichtnahmen notwendig, die uns wiederum weltanschaulich und kulturell gefärbten Werten und Moden verpflichten können. Als hilfsbedürftige Wesen können wir den Vorstellungen derer, die Hilfe gewähren, oft kaum entfliehen. Umso wichtiger ist es, darüber hinaus nach einem Raum zu suchen, der die eigene freie Entfaltung ermöglicht, der Freiheit von Indoktrination und emotionaler Gängelung bedeutet, der Raum für eigenes Denken und Fühlen zulässt.

Wo sich der innere Raum für die Möglichkeiten des Lebens in seiner Vielfalt erweitern kann, entstehen Gefühle von Authentizität und Daseinsfreude - auch wenn dieser Raum sich nur für das eigene Fühlen und im eigenen Gedankenleben voll erschließt. Einen solchen Raum soll Psychotherapie ermöglichen, wo nach einem „Wie“ gesucht werden darf, das zu einem selbst und zum eigenen Leben gehört, den persönlichen Bedürfnissen und Fähigkeiten – trotz aller Verpflichtungen und Zwänge. Dann können eine neue Lebenskreativität und damit verbunden auch eine neue Daseinsfreude entstehen.